Die offizielle Bezeichnung dieser Kirche ist: „Apostolische, Orthodoxe, Heilige Kirche der Armenier“. Kurz heißt es auch „Armenisch-Apostolische Kirche“ oder „Armenisch-Orthodoxe Kirche“. Manche bezeichnen diese Kirche auch als „Armenische Gregorianische Kirche“ (Armenisch: Lusawortschagan) und bezwecken damit, den Ursprung der Armenischen Kirche auf den Hl. Gregor den Erleuchter zurück zu führen. Auch wenn die Armenier die Person und das Wirken des Hl. Gregor als ihren Kirchenpatron ehren, sind sie mit dieser Bezeichnung nicht einverstanden, da die ersten Erleuchter Armeniens sowie die Gründer der Armenischen Kirche zwei Apostel des Herrn, Hl. Thaddäus und Hl. Bartholomäus, sind. Durch Hl. Gregor den Erleuchter wurde nicht die Armenische Kirche gegründet, sondern das Christentum zur Staatsreligion Armeniens proklamiert. Die Armenier sind das erste Volk auf der Erde, das das Christentum als Staatsreligion anerkannt hat.
Nach der Annahme des Christentums als Staatsreligion wurde Gregor der Erleuchter der erste Katholikos, d. h. das erste Oberhaupt der Armenischen Kirche. In einer visionären Ahnung soll er von Christus den Auftrag bekommen haben, in der damaligen armenischen Hauptstadt Vagharshapat, heute St. Etschmiadzin, die Mutterkirche der Armenier zu errichten. „Etschmiadzin“ bedeutet übersetzt: „Sohn Gottes ist herabgestiegen“. Dieser Ort und diese Kirche, rund 20 km. von der heutigen armenischen Hauptstadt Jerewan entfernt, ist seither das Zentrum der Kirche.
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Die Armenische Kirche ist autokephal (selbstverwaltend) und gehört zu der Familie der Orientalischen Orthodoxen Kirchen an. Zu dieser Kirchenfamilie gehören die Koptisch-, die Äthiopisch-, die Eritreisch- und die Syrisch-Orthodoxe, sowie die Indisch-Malabarische Kirche an. Seit 1962 ist die Armenische Kirche Mitglied des Weltkirchenrates. Sie hat Mahlgemeinschaft mit den oben erwähnten orientalischen orthodoxen Kirchen.
An der Spitze der Kirche steht der Katholikos Aller Armenier mit dem Amtssitz in Etschmiadzin. Er wird nach dem Tod eines Amtsinhabers während der National-Kirchlichen Versammlung von Klerikern und Laien gewählt und durch zwölf Bischöfe geweiht und gesalbt. Der amtierende Katholikos Aller Armenier heißt Garegin II., der im 1999 gewählt wurde.
Aus historischen Gründen entstanden in der Armenischen Kirche neben dem Katholikat Aller Armenier auch lokale hierarchische Sitze. Zu den 4 hierarchischen Stühlen der armenischen Kirche gehören neben St. Etschmiadzin auch das Katholikat des Hohen Hauses von Kilikien (1444) mit dem jetzigen Amtssitz in Beirut-Antelias, die armenischen Patriarchate von Jerusalem (1311) und Konstantinopel (1461).
Die Armenische Kirche wirkt infolge ihrer bewegten Geschichte überall auf der Welt, von Nahen Osten bis Europa und Amerika. Sie ist heute in über 70 Staaten vertreten. In über 30 Ländern existieren armenische Diözesen bzw. Bistümer. Die größten befinden sich in den USA und in Russland, gefolgt von den Diözesen in Frankreich und Georgien.
In der armenischen Kirche gibt es sowohl verheiratete als auch zölibatär lebende Geistliche; die leitenden Ämter jedoch werden ausschließlich von zölibatär lebenden Geistlichen wahrgenommen.
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Grundlage für die Lehre der armenischen Kirche sind das Alte und das Neue Testament, die Beschlüsse der ersten drei Ökumenischen Konzilien von Nicäa 325, Konstantinopel 385 und Ephesus 431. In Anbetracht der Ablehnung von Chalzedon hat man der Armenischen Kirche die Irrlehre des Monophysitismus vorgeworfen, eine Unterstellung, die diese Kirche mit Recht zurückweist. Der Überzeugung der Armenischen Kirche nach ist der Mensch gewordene Sohn Gottes „ein Wesen, eine Person, eine Hypostase, eine gottmenschliche Natur, in der aber die göttliche und die menschliche Naturen Christi untrennbar vereinigt wurden“. Mit dieser Formel soll nichts anderes als die unlösbare Einheit beider Naturen in Christus zum Ausdruck gebracht werden. Eine Einheit, in der keine von den beiden Naturen eine Verminderung zugeschrieben oder verletzt wird.
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Im armenischen Kirchenkalender gebt es verschiedene Feste. Sie gliedern sich in fixe und bewegliche Feste. Für die letzteren ist oft das Datum des Osterfestes entscheidend. Die Armenische Kirche hat im Jahr etwa 160 Tage für die Fastenzeit vorbehalten. Die große Fastenzeit umfasst die das Osterfest vorausgehenden 49 Tage. Während der Fastenzeit ist nur pflanzliche Kost erlaubt.
Die Armenische Kirche kennt 7 Sakramente. Es sind dies: die Taufe, die Salbung, die Trauung, das Abendmahl (Eucharistie), die Handauflegung (Priesterweihe), die Busse und die Letzte Ölung (wird nur bei Geistlichen vorgenommen).
Die Säuglingstaufe ist allgemein üblich. Die Täuflinge werden nach der Wassertaufe mit Myronöl gesalbt und erhalten im Anschluss daran die 1. Kommunion. Es erfolgt keine Konfirmation. Die Beichte wird im Gottesdienst als allgemeine Beichte gehalten.
Im Zentrum des gottesdienstlichen Lebens steht die sonntägliche Feier der Liturgie. Einzelne Gebete zu besonderen Tageszeiten sind im Laufe der Entwicklung zusammengelegt worden und werden in den Morgen- und Abendgebetsstunden abgehalten.
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Die Geschichte der Armenier in Österreich reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die anfänglich sehr kleine Gemeinde, meist aus Kaufleuten im Dienst des Hauses Habsburg bestehend, wächst seitdem ständig.
Am 21. April 1968 erfolgte die Einweihung der St. Hripsime Kirche. Die amtliche Anerkennung der Armenisch Apostolischen Kirche als Religionsgemeinschaft durch die Republik Österreich erfolgte am 12.12.1972.
In 1981 wurde die Hovhannes Schiraz Samstags-Schule gegründet, um in Wien ansässige Kinder armenischer Herkunft entsprechend zu unterrichten.
Derzeit wohnen etwa 7000 Armenier in Österreich, ca. 3000 davon in Wien.